Montag, 10. Dezember 2007

Die Staatsmacht verhindert weitere Bluesfeten

In der Folge wurde es immer schwieriger die Bluesfeten zu organisieren. Für Feiern, auch für Privatfeiern in Gaststätten über eine bestimmte Personenzahl hinaus, war es notwendig eine Genehmigung bei der zuständigen Stelle im Kreis einzuholen. Wenn dies nicht die Gaststätte übernahm, musste man selbst dorthin und eine Veranstaltungsmeldung in vierfacher Ausfertigung abgeben (eine behielt man selbst, eine für den ABV also den Dorfpolizisten, bestimmt eine für die Stasi und eine verblieb beim Kreis) und die Veranstaltung mit Unterschrift und Stempel absegnen lassen. Die Wirte ließen sich auf nichts mehr ein und wie im Nachhinein deutlich wurde hat man auf sie Druck ausgeübt.

Jedenfalls war schon im Frühjahr 1979 die nächste Fete mit der gerade erst gegründeten Band „Freygang“ geplant. Die Details sind mir nicht mehr im Gedächtnis. Ich weiß nur, dass ich André Greiner-Pohl mit seiner Geige irgendwann mal gehört hatte und beeindruckt war. Lediglich der Vertrag mit der Gruppe für den 11.März dieses Jahres befindet sich noch in meinem Besitz. Woran diese Veranstaltung scheiterte weiß ich nicht mehr. Das Verbot dieser Band war erst 1984 also daran kann es nicht gelegen haben.

Schon im Herbst desselben Jahres erfolgte ein erneuter Versuch. Diesmal wollte ich „Engerling“ engagieren, die damals zu meinen Favoritenbands gehörte. Zu jener Zeit spielte „Engerling“ vor allem viele Blues-Standards und erst so nach und nach kamen die Eigenkompositionen dazu. Ich erinnere mich an ein Konzert im Saal der Blankenfelder Gaststätte „Schwan“, der kurz darauf wegen angeblicher Baufälligkeit abgerissen wurde. (Wir hatten eher den Verdacht, dass man eine Lösung für die unliebsamen Jugendtanz -veranstaltungen wollte, die so einigen ein Dorn im Auge waren weil sie auch viele Berliner Jugendliche anzogen die als Jeans und Parkaträger nicht ins Bild passten und es passierte auch manchmal Randale) Jedenfalls war dieses Konzert ein Ereignis. Der Saal brodelte unter dem stampfenden Rhythmus des Blues. Wohin man sah nur Jeans und Parka.

Dort traf ich auch Frau K. zum ersten Mal nach der Schule (denn sie war meine Lehrerin) und wir kamen ins Gespräch. Sie war offenbar großer Musikfan, im Besitz einer Plattensammlung und kannte viele Leute u. a. auch Musiker von „Engerling“. Es kam daraufhin ein mehrjähriger Kontakt zustande weil auch ich Platten sammelte und durch meine Mutter, die als Invalidenrentnerin in den Westen fahren konnte, immer wieder mit Nachschub versorgt wurde. Ich fuhr des Öfteren zu Frau K. und brachte ihr Platten, nahm mein Tonbandgerät mit und überspielte von ihr das Gewünschte. Währenddessen tranken wir Tee und unterhielten uns auch über Politik. Kein Wort davon findet sich in meiner Stasi-Akte obwohl sich später herausstellen sollte, dass sie IM war – schon merkwürdig

Es kam also ein Vertrag mit „Engerling“ zustande und die Gaststätte in Güterfelde war auch bereit für eine weitere Fete. Allerdings war die Hürde der polizeilichen Anmeldung zu nehmen. Ich fuhr also mit meinem Mokick S50 nach Potsdam um dies zu erledigen und musste unverrichteter Dinge wieder umkehren weil ich keine Genehmigung bekam. Was dann folgte war ein verbissenes Bemühen, die Veranstaltung doch noch zu retten. Die Einzelheiten bekomme ich nicht mehr zusammen, doch versuchte ich es auf verschiedenen Wegen. So wollte ich als Student der Fachrichtung Polytechnik – Die Fete war als Studienjahrestreffen deklariert- die Befürwortung des Studienjahresleiters einholen. (zu dem Termin kam Sabine S. zur Unterstützung mit, soweit ich mich erinnere – wir redeten wohl wie ein Buch auf den Genossen Sladek ein, doch ohne Erfolg)
Auch die Idee einer kurzfristigen Zusammenarbeit mit örtlichen Jugendclubs brachte nichts.
Alle Bemühungen scheiterten und die Fete musste kurzfristig abgesagt werden


Ich rechnete mit einer Vertragsstrafe durch „Engerling“ und benachrichtigte alle Leute die ihr Geld im Voraus eingezahlt hatten von dem Desaster. Zum Glück war der Manager von der Gruppe (Gerd Leiser) sehr einsichtig und verzichtete auf das Geld. Somit konnte ich alles wieder zurückzahlen.

1 Kommentar:

mattizwo hat gesagt…

Vielen Dank für diesen wundervollen Blog und Deine Arbeit. ich war 78 in Güterfelde dabei, war gerade von der Fahne zurück. Ich will mal eine Zeitleiste meiner Bluesgeschichte aufstellen. Da hilft Dein Blog sehr.

mattizwo